Dienstag, 8. November 2016

Saria versus Aegir

Es war eigentlich ein ruhiger, beschaulicher Abend als Aegir und ich wieder einmal auf Konfrontationskurs zusteuerten. Es schien so als ob selbst die kleinste Kleinigkeit ein regelrechtes Feuer entfachen könnte. Natürlich, so ehrlich muss ich sein, war ich daran nicht ganz unschuldig.
Die Tatsache dass Aegir sich erneut in eine Gefährtenschaft begeben möchte nagte aus den verschiedensten Gründen an mir.
Es war also wie bereits erwähnt eine Winzigkeit die uns abermals streiten ließ. Wenngleich sich zur Vergangenheit einiges verändert hat. Er hat sich verändert. Wenn er früher doch öfter mal nachgiebig war so schlug mir neuerdings ein unbekannter, kalter Wind entgegen. Ich führte sein verändertes Verhalten eindeutig seinen Plänen die Gefährtenschaft betreffend zu, gestand mir ein dass mein Einfluss auf ihn wohl verflogen ist.

Doch hätte meine Überraschung nicht größer sein können. Während also ein Wort das andere gab, die Gemüter sich erhitzen, teilte mir Aegir zwischen Tür und Tresen, denn wir standen zusammen in der kleinen Herberge, mit dass er gedenkt dem ganzen Unsinn ein Ende zu setzen und erneut mich als Gefährtin nehmen zu wollen. Nach einigen Ehn der Sprachlosigkeit, drängten sich verschiedene Fragen auf. Eine davon war ob er denn von den Streitigkeiten noch nicht genug habe. Eine weitere ob er den Verlauf unserer gemeinsamen Zeit noch nicht vergessen habe. Oder vielmehr das Ende davon.
Denn im Grunde war es weniger die mangelnde Zuneigung die uns dazu veranlasste die Gefährtenschaft zu lösen, vielmehr die äusseren Umstände.
Ich appelierte an seinen Verstand, seine Erinnerung und letzendlich auch an seine Liebe für unsere Kinder, die mit einer erneut veränderten Situation sicher nicht so gut umgehen würden. Wobei ich zugeben muss das letzteres mehr ein kläglicher Versuch war ihn von seinem Plänen abzuhalten. Denn in Wahrheit wussten wir beide dass sich unsere Kinder nichts mehr wünschten als die Eltern wieder unter einem Dach vereint zu sehen.
Aegir teilte mir dass die Sache beschlossen sei und ich habe mich darauf einzustellen habe. Weiters würde er mir mitteilen wann ich mich wo einzufinden habe. Eine kühle Unterredung, gleich eines Geschäfts, dass ich so in dieser Form ganz gewiss nicht abschliessen wollte.
Und als ahnte er meinen Widerstand, gut, ich habe mich mit meiner Meinung auch nicht gerade zurückgehalten, gab er mir zu verstehen dass ich es mir überlegen sollte das Weite zu suchen. Sämtliche unserer Freunde wurden über seine Pläne bereits in Kenntnis gesetzt und würden mir ganz sicher keinen Schutz gewähren.
So kam ich auch zu der Erkenntnis dass unsere Freunde wohl eher die seinen waren und ich mir neue suchen musste. Ich war regelrecht fassungslos darüber wie Aegir eine ganze Front aufgebaut hat, während auf meiner Seite allerhöchstens mein kleiner Lart stand, der allerdings kein zuverlässiger Verbündeter ist, da er gerade denjenigen heiß liebt und treu zur Seite steht der ihn füttert.
Es vergingen nach Aegirs Ankündigung einige Tage in denen ich alles andere als zur Ruhe kam. Der Widerwillen, erneut eine Gefährtenschaft einzugehen, wuchs mit der Vorstellung dass die Sache ohnehin schon beschlossen war. Aegir bekam ich kaum zu Gesicht, ich hörte auch er wolle nochmal gen Belnend reise um sich mit dem Hauptmann zu besprechen, was mir auch nicht ganz unrecht war. Ich selbst vermied es zusätzlich mich der Gefahr seiner Gesellschaft auszusetzen und blieb die meiste Zeit entweder zuhause oder in meinem Heilerturm. Und ich schmollte.

Eines späten Nachmittags, ich musste wohl oder übel den Weg zur Anlegestelle auf mich nehmen, traf ich Finn, der sich in höchst zweifelhafter Gesellschaft befand. Der gute Mann war umringt von einem Haufen Waldweiber und ich sah mich dazu veranlasst meinen eilenden Schritt zu verlangsamen um herauszufinden was die Jägerinnen nach Port Asgan verschlug.
Den ersten Wortfetzen die ich verstehen konnte, entnahm ich dass sie wohl eines Handels wegen gekommen sind, wenngleich die Art und Weise des Auftretens keinen Schluß übrig ließ, dass sie gegebenenfalls auch ohne Tauschhandel mit einer Ladung an Waren nachhause zurückzukehren gedenken. Ich, die nach wie vor nicht im Besitz einer einzige Waffe war, kam wie es scheint gerade recht um dem "Handel" beizuwohnen. Es schien mir als ob die Jägerinnen selbst irgendwie in Nöten seien, wenngleich natürlich der Zweck nicht die Mittel heiligt. Doch während eine lange Aufzählung an Forderungen auf uns einging, sie wollten Fleisch, Met und ein paar kleinere Gegenstände des Alltags, kam mir der Gedanke die Notlage der Waldweiber auszunutzen und zu meinem Vorteil zu machen. Denn es ist allgemein bekannt, dass jemand in Not bereit ist für dass was er begehrt auch etwas zu tun. Doch galt es erstmal den ganzen Trupp von Finn wegzulocken, denn der Vorschlag den ich ihnen unterbreiten wollte, war ganz sicher nicht für seine Ohren bestimmt. Davon ausgehend dass Aegirs Vater ganz sicher zur Front seines Sohnes zählt. Und ich beschloss mir meine eigene Armee aufzubauen, komme was wolle.

Unter einem Vorwand lockte ich den Trupp Jägerinnen in meinen Heilerturm, versprach ihnen neben den geforderten Gütern noch mehr und stellte eine großzügige Belohnung in Aussicht, sollten sie denn meinem Auftrag zufriedenstellend ausführen.
Aegirs erneute Reise in den Süden, vor allem da er wieder einmal Belnend ansteuerte, ließ mich zunehmend mißtrauischer werden. Allerdings nur ahnend dass sein Einfluß mittlerweile bis zum Hauptmann Belnends reicht, den er für die bevorstehende Gefährtenschaftsschliessung ins Boot geholt hat. Es mag vielleicht etwas eigenartig anmuten, dass ein Mann beinahe eine ganze Armee braucht um ein einzelnes Weibsbild sich zu eigen zu machen, aber wenn man die Vergangenheit bedenkt und die Tatsache dass mir der Ruf anhaftet ich sei mit allen Wassern gewaschen, vielleicht nicht ganz so unverständlich. Zudem wollte er mir bis zum Tag des jüngsten Gerichts, denn anders fühlte es sich für mich nicht an, noch so etwas wie Freiheit gewähren. Wenigstens das Gefühl sollte ich haben, wenngleich die Leine doch ziemlich kurz war.

Im Raum unter meiner Heilerstube lagerte ich eine Unmenge an Dingen für die ich lange Zeit keine Verwendung hatte. Unter anderem eine Truhe mit Kleidern aus denen ich irgendwie herausgewachsen bin. Der Breite nach.
Ich ließ die Jägerinnen in der Truhe stöbern, sich aussuchen was sie wollten und erklärte ihnen was ich verlangte als Gegenleistung für eine komplette Neuaustattung an Kleidung, Schuhen, natürlich dem Fleisch und dem Met. Sie sollten auf ihrem Weg nach zurück in den Süden in Belnend Halt machen, sich als anständige Weiber ausgeben und versuchen herauszufinden wie weit Aegirs Pläne fortgeschritten sind. Um mich natürlich in weiterer Folge davon zu unterrichten.
Neben den ganzen Kleidern, den Gütern, kostete es mich auch noch zehn Kupfer, die ihnen aushändigte um sie in der Stadt als reisende freie Weiber unterzubringen.
So war mein Geldbeutel leer, die Kleidertruhe geplündert und ich blieb zurück mit dem Versprechen dass sie mir gaben. Dass sie ihr Bestes versuchen würden.

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